ARTISTS EXHIBITIONS NEWS BOOKS CONTACT

WOLFGANG BETKE: EINE VERSCHWINDUNG, EINE ANKOMMUNG UND IRGENDWAS DAZWISCHEN


opening reception for the artist: September 11, 2015, 6 - 9 pm
exhibition: September 12 - November 14, 2015





Zur open art zeigt Nicole Gnesa in der Ausstellung 'Eine Verschwindung, eine Ankommung und Irgendwas Dazwischen' drei neue Bilder des Berliner Künstlers Wolfgang Betke.
In einem langwierigen Prozess malt Wolfgang Betke zunächst in unzähligen Schichten auf Leinwand, löst die Fläche mit der Schleifmaschine wieder auf, übermalt weiter und kreiert so neue Formen, die sich mit der alten Substanz verbinden. Er sieht sich selbst als Archäologe seiner eigenen Geschichte. Jede Malschicht auf seinen Leinwänden versteht er in Analogie zur Erinnerung des menschlichen Gehirns. Durch das Aufbrechen dringt er in ältere Malschichten vor und macht so Zeit transparent.
Wolfgang Betke hat bereits weltweit ausgestellt, seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen internationalen Sammlungen.

Der Künstler ist zur Eröffnung anwesend. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

--

For this year's 'open art' Nicole Gnesa shows three new paintings by Berlin based artist Wolfgang Betke in the exhibition 'Eine Verschwindung, eine Ankommung und Irgendwas Dazwischen'.
In a complex process Betke paints numberless layers on canvas, dissolves them with his grinding machine, overpaints again and thus creates new forms, bonding to the former substance. He acts like the archaeologist of his own history. Every layer of his painting represents a layer of memory of the human mind. By breaking them up and showing us older layers of paint, he makes time transparent.
Wolfgang Betke has exhibited worldwide, his works are found in many international collections.

The artist will be present. We look forward to welcoming you.

---

Wolfgang Betkes (*1958 in Düsseldorf) wichtigste Malwerkzeuge sind nicht allein Pinsel und Farbe, sondern ein breites Sortiment an Schleifwerkzeugen. Mit ihnen trägt er Schichten ab, legt Spuren frei und schafft Raum. So entsteht eine Malerei, die sich wie in einem musikalischen Improvisationsverfahren immer wieder auf die Suche nach dem eigenen Nullpunkt macht.
Die größte Skepsis des graduierten Philosophen und Kunsthistorikers Betke gilt dem Wort, nicht dem Bild, das er skrupulös und freihändig, behutsam und rücksichtslos bearbeitet, bis es Spuren des Prozesses wie Sedimentschichten trägt und man einen Röntgenapparat brauchte, um zu wissen, was alles sich auf der Leinwand ereignet hat, die zuweilen nach einer scharfen Wendung des Schleifapparates offen den Blick auf die Wand freigibt, weil sich Löcher in den Bildträger gefressen haben. Bilder bei Betke sind Fakten, keine Behauptungen, man bekommt, was man sieht.
Doch in Worten etwas zu behaupten, was man nicht sehen kann, was nur im Sprechen Wirklichkeit wird oder auf schützenden Beistand von auflen angewiesen ist, erscheint Betke, dem chirurgischen Operateur suspekt. Wer dem eigenen Bild bis auf die Knochen zuleibe rückt, die Eingeweide freilegt, statt Entstehungsspuren zu verdecken und dabei ohne Absicherung und doppelten Boden mit fast comichafter Klarheit figürliche Motive, kunsthistorische Entleihungen und Referenzen, Landschaftsvokabeln oder Chiffren des eigenen Körpers zusammenfügt, muss sich wundern über ein Kunstverständnis, das sich Ideen ohne die Grundlagenforschung am Material vorstellen kann. Betke mal virtuos, aber nicht luftig. Die äußere Sprache darf die innere nicht verdecken.
So wird das Sehen für das Publikum zu einer anatomischen Expedition, einem Abenteuer der Nahbetrachtung, einer physischen Erfahrung, auch dort wo, wie hier, ein Renaissanceprofil aufscheint, ein Portrait wie eine Büste die ganze Kunstgeschichte ins Bild wirft, während um sie herum die Formen selbständig werden, die Farben sich unabhängig machen, eine Collage malerischer Gesten die Illusion der Geschlossenheit in Stücke reisst und diese radikale Selbstkritik im selben Atemzug wieder in eine Gesamtform bindet. Und darum geht es. Wir sehen der Sprache bei ihrer Erfindung zu. Es ist, als würden wir freundlich ermahnt, unsere Worte schon bei der Lautbildung zu wägen.

Gerrit Gohlke, Brandenburgischer Kunstverein Potsdam, 2015